MONTE CHRISTO E.V.
Engagement für Fehlerkultur in der Justiz

Offenbach Post vom 25.10.2012


"Eine Kontroverse Diskussion gibt es nicht"

Babenhausen (st) - "Mit Ablehnung der Revision gegen das skandalöse Urteil des Landgerichts im Fall des Andreas Darsow hat die deutsche Justiz vor wenigen Wochen eine Chance vertan, schreiendes Unrecht wieder gutzumachen."

Dieser Auffassung ist der Verein Monte Christo, der sich für schuldlos in Not geratene Opfer von Strafverfolgung und Justiz einsetzt, wie es in der Vereinssatzung heißt.

Im November wird Anja Darsow, die Frau des zu lebenslanger Haft Verurteilten, eine Eingabe beim Petitionsausschuss des hessischen Landtages für ein Wiederaufnahmeverfahren einreichen. Der Verein appelliert nun an die Bürger, die Antragstellerin dabei zu unterstützen. „Hierbei zählt jede Stimme“, sagt Josef Seidl vom Monte-Christo-Vorstand. Auf der Internetseite „Doppelmord Babendhausen“ können Unterstützer den Petitionstext und die Unterschriftenlisten herunterladen. Wer sich direkt an den Verein wenden will, kann sich an Seidl oder eines der mehr als 50 Mitglieder wenden.

"Weitgehend frei erfundene Kriminalgeschichte"

"Die Chance, über den Weg der Revision Gerechtigkeit einzufordern, war von Fachleuten von vornherein gering eingeschätzt worden. Weil bei einem Revisionsantrag ein Gerichtsurteil lediglich auf Verfahrensfehler überprüft wird, bleibt die 'freie richterliche Beweiswürdigung', die Wahrnehmungsstörung der 5. Kammer des Landgerichts Darmstadt, die Zeugenaussagen ins Gegenteil verkehrte und hochqualifizierte Gutachter missachtete, ungeahndet", äußert sich Seidl. Vom Verfahren her keinen Fehler gemacht und auf 292 Seiten eine runde, "weitgehend frei erfundene Kriminalgeschichte geschrieben zu haben" – das habe gereicht, um mit dem Urteil lebenslänglich eine Familie zu zerstören. Die Möglichkeit einer zweiten Tatsacheninstanz gebe es für Andreas Darsow nicht. Das angestrebte Wiederaufnahmeverfahren bleibe die einzige Chance, Gerechtigkeit zu erlangen.

"Kontrovers diskutiert" wie vor einiger Zeit in unserer Zeitung erwähnt, werde das Urteil lediglich von Menschen, die sich nicht mit Sach- und Beweislage auseinandergesetzt hätten und hofften, dass das Rechtssystem funktioniert. Tut es aber aus Sicht von Monte Christo nicht in jedem Fall.

"Natürlich lebt es sich zufriedener, wenn man sich einredet, dass Justiz nur weit weg in der Ukraine, bei der Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko oder in Russland bei Pussy Riot nicht funktioniert", zieht Seidl einen Vergleich. "Leider lässt unser eigenes Justizsystem mehr Ungerechtigkeit zu, als sich viele bislang vorstellen konnten. Den Beweis dafür trete ich gerne gegenüber jedem Interessierten an."

"Keine Rechtsfehler gefunden"

Wie Seidl in einer Stellungnahme schreibt, kämpfe Familie Darsow seit nunmehr fast 900 Tagen um Gerechtigkeit für den Ehemann, Vater, Bruder und Sohn. "Die Darsows sind unsere Freunde, Nachbarn und Vereinskameraden. Sie gehören in unsere Region und zu unseren Schulgemeinden. Sie sind keine fremden, anonymen Opfer und haben deshalb nichts gegen die Namensnennung."

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte im Juli eine Revision des Angeklagten abgelehnt. Bei der Prüfung des Urteils vom Landgerichts Darmstadt seien keine Rechtsfehler gefunden worden.

Nach Auffassung des Gerichts hatte der damals 41 Jahre alte Babenhäuser seine Nachbarn erschossen und die behinderte Tochter des Ehepaars schwer verletzt. Das Motiv für die Tat sah das Gericht in der angeblich jahrelangen, großen Lärmbelästigung durch die Familie.

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