MONTE CHRISTO E.V.
Engagement für Fehlerkultur in der Justiz

Fall Wilhelm Stroh


Verfasst von Wilhelm Stroh am 10.10.2012

Der Fall Wilhelm S.

Keine Leiche - keine Beweise-keine Tat - aber Richter W. verurteilt zweifelsfrei!

Im Januar 2007 verschwand der Hausmeister und private Geldverleiher Kurt E. spurlos. Bis heute wurde weder Leiche, Tatort, Tatwaffe, DNA-Spuren oder Fingerabdrücke gefunden, noch gibt es Zeugen die etwas gesehen oder gehört haben, noch wurde ein anderer Hinweis auf einen Tathergang gefunden.

Schon tragikkomisch: Ohne Beleg für eine Tat oder Hinweis auf den Tatverlauf entscheidet die Kammer des Landgericht Darmstadt um Richter W. auf eine lebenslange Haft mit der besonderen Schwere der Schuld. Auf Grund dessen, dass die Tat besonders “professionell“ausgeführt wurde, da man ja nichts fand. Ist das Urteil schon nicht nachvollziehbar, ist diese Konstellation mit der "besonderen Schwere der Schuld" und deren Begründung vermutlich einmalig.

Die Hintergründe:

Ende November 2006 erschienen bei Hr. Stroh zwei Herren, von Geldverleiher Kurt E. angeheuert, der vorher seiner Rechtsanwältin und der Inkassofirma Kreditreform zum Eintreiben von Forderungen das Mandat entzogen hatte,um für ihn Forderungen einzutreiben. Es wurde ein Abkommen vereinbart, monatlich 400,- € zu zahlen, ab Dezember 2006 zum 15.jedes Monats. Im Dezember wurde 2x der vereinbarte Betrag, auch am 13.Januar 2007. am 24.Januar 2007 waren die zwei Herren bei Hr. Stroh und boten ihm seinen Schuldtitel für 6.000,- Eur. zum Kauf an.

Falls er diesen nicht kaufen wolle, drohten sie mit Repressalien. Er zahlte 800,- € an, und es wurde ein Termin zur Übergabe der Restsumme vereinbart. Bei der Übergabe der Restsumme wurde Hr.Stroh zusammen mit den zwei "Boten" des Kurt E. verhaftet und als Auftraggeber eines Mordes an Kurt E. (von dem man bis heute nicht beweisen kann, dass er stattgefunden hat) angeklagt und am 02.Juli 2008 gemeinsam mit den beiden "Boten" zu einer lebenslangen Haft mit der besonderen Schwere der Schuld verurteilt. Hr.Stroh beteuert bis heute seine Unschuld, aber der Rechtsgrundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" galt hier nicht. Richter W. schon oft als "Richter Gnadenlos" tituliert, und für derartige Urteile bekannt, von den Verteidigern auf das “dubio pro Reo" angesprochen, wetterte diesen entgegen, "des sei doch nur eine Farce"! Das Revisionsverfahren beim 2.Senat des BGH wurde abgelehnt, wohl weil im Senat ein ehemaliger Richter des LG-Darmstadt und Studienkollege von Richter W. in Vertretung wg. Urlaub saß. Die Verfassungsbeschwerde am Bundesverfassungsgericht wurde als aussichtsreich aber verfristet abgelehnt. Das lag daran, das man in der JVA-Weiterstadt den Brief mit den Unterlagen, der Donnerstagmorgen früh mit der Bitte um sofortige Beförderung bis Montag liegen blieb.

Am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wurde die Klage zwar zunächst abgenommen, dann aber verworfen, da in Deutschland durch die Verfristung beim Bundesverfassungsgericht nicht alle Rechtsmittel ausgeschöpft worden seien.
Die einzige Hoffnung auf Gerechtigkeit ist nun das Erreichen eines Wiederaufnahmeverfahrens!

Widersprüche über Widersprüche:

Als Motiv wird Hr. Stroh vorgeworfen, wegen der Schulden bei Kurt E. dessen beiden "Boten" 30.000,- € geboten zu haben, um Kurt E. zu beseitigen. Dabei hatten diese am 13.Januar 2007 angeboten, mit Kurt E. zu sprechen, seine Forderungen auf 30.000 € zu senken, wenn Hr. Stroh schnell bezahlen könnte, was durch eine Steuerrückzahlung möglich gewesen wäre. Warum sollte Hr. Stroh unter diesen Umständen (hatte ja auch gerade seinen monatl. Obulus bezahlt), Kurt E. ermorden lassen?

Wie sollte es gekommen sein, dass ausgerechnet diese Beiden auf einmal die Seiten wechselten? Auf Hinweis vom Anwalt des Tatverdächtigen Hr. Stroh, er sei unter Druck gesetzt worden, sagte Richter W. in der Verhandlung, Stroh hätte wohl zu viele Krimis gesehen.

Hr. Kurt E. ist nach Meinung des Staatsanwalts Dr. J. am 13.Januar 2007 zwischen 19:20 und 21:23 Uhr ermordet worden. Trotz "ALIBI“ des "angeblichen Ausführers" durch seine Eltern und befreundeter Familie während der "Tatzeit", wurde verurteilt. Da Staatsanwalt Dr. J. damit drohte, diese Zeugen wegen Falschaussage (wofür es keinerlei Beweise gab) anzuzeigen, wurden diese Aussagen vom Gericht nicht gewürdigt. Nach der Verurteilung wurde niemals diese Anzeige gemacht!

Es gibt mehrere Zeugen, die Kurt E. nach diesem Datum noch gesehen haben Richter W. tat dies damit ab, dass sich die Zeugen ja gar nicht so lange erinnern könnten, obwohl diese das an bestimmten Ereignissen festmachen konnten. Einer hatte Kurt E. in einem Getränkemarkt gesehen, 6 Tage nach seinem Tod, mit ihm bis zur Kasse geredet, danach noch bis zum Parkplatz gegangen, wo Kurt E. in seinem vom Zeugen richtig erkannten Pkw davonfuhr. Es viel ihm auf, das ein Lkw Coca-Cola anlieferte. Richter W., der anstatt des Antrages des Verteidigers von Hr. Stroh wegen des Cola-Lasters, lieber die beiden Studenten, die an diesem Tag im Getränkemarkt Dienst hatten, als Zeugen vor Gericht lud, die sich verständlicherweise, an nichts und niemanden erinnern konnten, tat das ab, man könne das nicht so genau zurückverfolgen. Ein Familienangehöriger von Hr. Stroh hat durch einfaches Nachfragen bei der zuständigen Coca-Cola Lieferstelle eine Bestätigung für die Anlieferung an diesem Tag bekommen.

Während der mutmaßlichen Tat, war Hr. Stroh bei Bekannten zu Besuch, vom 16. bis 24. Januar mit seiner Familie in einem lange vorher geplanten Urlaub. Dies wurde ihm als Verschleierungstaktik ausgelegt. Alle Leumundszeugen incl. Gerichtsvollzieher sagten aus, dass sie sich auf keinen Fall vorstellen konnten, dass Hr. Stroh zu so einer Tat fähig wäre.

Keiner dieser Aussagen fand Berücksichtigung. Richter W. sagte während der Urteilsverkündung, man solle sich durch den guten Leumund des Stroh nicht täuschen lassen, das sei nur Schauspielerei.

Die Wohnung von Geldverleiher Kurt E. soll nach Ansicht der Kripo. durchsucht ausgesehen haben. Es fanden sich aber von keinem der Angeklagten DNA-Spuren oder Fingerabdrücke. Zudem die "aus Habgier" agierenden Mörder auch dort noch über 20.000,- € zurückließen.

Eine Tageszeitung vom 14.02.2007 sah der Chef von Kurt E. in dem Raum, wo Kurt E. in seiner Hausmeistertätigkeit, als einziger einen Schlüssel besaß.

Ein Schmutzabdruck eines Springerstiefel-Absatzes, vom Hausflur der Wohnung von Kurt E., in Gips gegossen, den der Spurensachverständige vom LKA keinem Schuh der Angeklagten zuordnen konnte. Richter W. konnte das mit seinem "Superblick" auf den Gipsabdruck erkennen, ohne als Vergleich einen Schuh zu sehen, dass es ein Schuh von einem der mutmaßlichen Täter war.

Es wurde der Schrebergarten des Tatverdächtigen mit Leichenspürhunden durchsucht, die an einem Leinen-Lappen anschlugen, an dem bei der Untersuchung keinerlei DNA-Spuren des verschwundenen Kurt E. fanden.

Für Richter W. ein klarer Beweis, das da wohl die Leiche war, obwohl der oberste Beamte der Hundestaffel vor Gericht sagte, das anschlagen sei kein Beweis, wenn man nichts anderes findet. Der Staatsanwalt vom OLG in Frankfurt/ Main entschied im August 2007, bei der halbjährlichen Haftprüfung, den Haftbefehl gegen Hr. Stroh, wegen Mangel an Beweisen aufzuheben.

Ein einzelner Richter entschied dagegen (normal sollten das drei sein, aus Personalmangel....), und der war noch vom LG-Darmstadt abgeordnet. Und somit blieb Hr. Stroh weiterhin in Haft, bis zur Verhandlung.

Ein Zeuge, der auch einen Grund gehabt hätte, Kurt E. aus dem Weg zu räumen, sich vor Gericht in Widersprüche verstrickte, nichts vom Geldverleihen von Kurt E. gewusst haben wollte. Wie der Nachlass-Verwalter von Kurt E. später vor Gericht mitteilte, schon von Mitte der 90er Jahre Geld von Kurt E. bekommen, aber bis dahin das Rückzahlen vergessen hatte, und nun auf drängen des Nachlass-Verwalters angefangen hatte ab zu stottern, blieb von der Kammer genauso unberücksichtigt, wie das rechts radikale Gedankengut, das Kurt E. überall zu verbreiten suchte.

Man hatte ja schon seine Verdächtigen,..... die man zu verurteilen gedachte!

Hr. Stroh ist Ehemann, seit über 30 Jahren verheiratet und hat zwei Kinder. Er ist ein geliebter Bruder und Onkel, ohne die vielen Verwandten, Bekannten und Freunde die zu ihm stehen. Er sitzt ohne konkrete Beweise aufgrund eines dubiosen Verfahrens mit sonderbarer Urteilsfindung für vielleicht 25 Jahre hinter Gittern in Schwalmstadt ein. Hr. Stroh ist dort mittlerweile in der Ausbildung für Fahrradmonteure tätig. Sein wichtigstes Ziel ist jedoch ein Wiederaufnahmeverfahren zu erreichen.

 

In der deutschen Justiz aktuell kein leichtes Unterfangen!

Nachtrag:

Leider kamen alle Bemühungen für ein Wiederaufnahmeverfahren zu spät. Wilhelm Stroh ist im Jahr 2017 in der Haftanstalt verstorben. Wir sind in Gedanken bei der Familie.

Mit dem Tod von Wilhelm Stroh ist jede realistische Chance für eine späte Rehabilitierung verloren gegangen.